Gestern ist der Startschuss für das Projekt „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt“ in Rheinland-Pfalz gefallen. Das Projekt soll Frauen und Männern, die häusliche oder sexualisierte Gewalt erfahren, die Möglichkeit geben, sich vertraulich medizinisch versorgen und Spuren der Tat sichern zu lassen.
Der Hintergrund dieses Projektes ist, dass viele Betroffene von häuslicher oder sexualisierter Gewalt aus verschiedenen Gründen nicht sofort eine Anzeige stellen wollen. Aus Angst trotzdem dazu gedrängt zu werden, lassen sie sich dann häufig nicht medizinisch Versorgen. Neben der fehlenden Behandlung von Verletzungen können dann auch keine Spuren gesichert werden. Wenn sich die betroffene Person dann doch entscheidet eine Anzeige zu stellen, fehlen wichtige Beweise. Diesem Problem soll das Projekt „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt“ entgegenwirken.
Ein besonderer Fortschritt ist das neue und standardisierte Spurensicherungskit, das die rechtsmedizinische Abteilung der Universitätsmedizin gemeinsam mit der Universitätsklinik für Gynäkologie in Mainz entwickelt hat. In diesem Kit ist alles enthalten, was für die Spurensicherung benötigt wird – und zwar so einfach anwendbar, wie möglich. Damit können die Spuren so gesichert werden, dass sie auch in einem Gerichtsprozess brauchbar sind. Anschließend werden alle Spuren an die Rechtsmedizin in Mainz gesendet, und dort 5 Jahre lang aufbewahrt. Das bietet den Betroffenen die Möglichkeit, sich auch erst nach einiger Zeit für eine Anzeige zu entscheiden, und trotzdem alle Beweise nutzen zu können.
Das Projekt ist eine Weiterführung und Erweiterung des Projektes „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“. Die Erweiterungen bestehen neben den Standardisierten Kits darin, dass jetzt nicht nur die sexualisierte-, sondern auch die häusliche Gewalt dokumentiert werden kann. Außerdem wird das Klinikpersonal in Schulungen sowohl im Bereich der Spurensicherung, als auch in der Sensibilisierung im Umgang mit betroffenen umfangreich weitergebildet. Eine wichtige Erweiterung für die Klinken ist, dass die Leistungen der Spurensicherung jetzt mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können. Außerdem verdoppelt sich die Zahl der teilnehmenden Kliniken im Laufe des Jahres von sechs auf zwölf Standorte.
Das Angebot ist weiterhin für alle betroffenen kostenfrei und die Frauenunterstützungseinrichtungen stellen weiterführende psychosoziale Unterstützung zur Verfügung. Eine Liste mit den teilnehmenden Kliniken findet man auch unter www.vertraulichehilfe.rlp.de. Die Koordination des Projektes übernimmt die Rechtsmedizin der Universitätsmedizin in Mainz.
Somit bestehen alle bisherigen Angebote weiter, wurden jetzt aber umfangreich erweitert. Die an der Entwicklung Beteiligten haben die Hoffnung, durch diese Maßnahmen die Dunkelziffer von Vergewaltigungen zu verringern und in Gerichtsprozessen durch eine bessere Beweislage mehr Verurteilungen zu erzielen.